Nur 50 km von Frankfurt am Main entfernt, im Kahlgrund und Hutzelgrund, spricht man eine Sprache, die mit dem Frankfurterischen zwar etwas Ähnlichkeit hat, deren Gesamteindruck jedoch verblüffend anders ist. Es gibt keine Nasale und keine schludrige Aussprache. Das Kahlgründerische wird sehr deutlich artikuliert, ist viel anstrengender auszusprechen als das Frankfurterische. Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich das auch auf die Gesichtszüge der Menschen auswirkt, derer, die damit groß geworden sind und es noch sprechen. Wie überall, werden solche regionalen Muttersprachler immer weniger. Schade.
Wann uffm Stååacker de Sprung werrer blieht,
reiß ich moi Aache gånz weit uff.
Des Gääl is su gääl, wie’s gääler net gieht,
doo gieht moi Herz gleich aach noch uff.
Des Gree is su gree wie e frisch gestriche Bänk.
Ich kräächt jo die Kränk, wånn ich’s net sähe kunnt.
Ich geb’s jå zu: Ich hoo’s geern bunt.
Gääl un gree un owwedroo,
do is de Himmel, un der is bloo.
Des Bild gieht dorch un dorch,
dass ich uff die Farwe horch,
un ich die Farwe als noch säh,
wie ich scho es Dorf nåb geh.
Friehling, bleib steh!
Ulla Leis / Musenkuss
Kleine Hilfe für Dialektmuffel:
Stååacker Steinacker
Sprung Raps
werrer wieder
Aache Augen
uff auf
des Gääl das Gelb
des Gree das Grün
e Bänk eine Bank
ich kräächt ich kriegte / bekäme
Kränk Krankheit / Kummer
net sähe kunnt nicht sehen könnte
ich hoo ich habe
owwedroo obendrüber
bloo blau
des gieht das geht
dorch durch
Farwe Farben
nåb hinab, hinunter
Nicht nur im Frühling ist es im Kahlgrund sehr schön, sondern auch im Winter, siehe: Rauhreif im Kahlgrund